Bonolino und das Faultier

„Faultier mit zwei Buchstaben …“ Träge räkelte ich mich in meinem Planschbecken und versuchte ein Kreuzworträtsel zu lösen.

„Bonolino!“, rief Knabber grinsend. „Quatsch“, antwortete MauMau. „Viel zu lang. Wobei er gerade ein fabelhaftes Faultier auf vier Buchstaben abgibt.“

„Ihr spinnt wohl!“, rief ich entrüstet und richtete mich auf. „Die richtige Lösung lautet Ai. Und genau so ein Dreifinger-Faultier werde ich nun besuchen. Türülü darf mit und ihr bleibt hier. Ätsch!“

„Aye, aye, Käpten“, kicherte MauMau.

Türülü und ich reisten nach Südamerika und landeten im Regenwald Venezuelas. Das besagte Faultier hieß Pancho, hatte ein grün schimmerndes Fell und hing in etwa 30 Metern Höhe an einem Ast.

„Hallo Leute“, begrüßte Pancho uns schläfrig, nachdem er sich zu uns auf den Boden begeben hatte. Während er uns in Zeitlupe die Klaue reichte, stoben Dutzende von kleinen Faltern aus seinem Fell auf.

„Du kriegst die Motten“, rief Türülü erschrocken. „Was war das denn?“

„Genau das“, gähnte Pancho.

Türülü betrachtet die Motten, die um Pancho flattern

„So viele? Wo kommen die alle her?“

„Es sind viel zu wenige und das ist das Problem. Auf meinem Fell wachsen normalerweise viele nette, kleine, leckere, nährstoffreiche Algen mit Premium-Tarneffekt. Die gedeihen aber nur dann optimal, wenn ich genügend Motten im Pelz habe, die das Grünzeug auf ihre Art düngen ... Ähem ... Die kleinen Biester haben aber kürzlich die Flatter gemacht, weil sie mein Cousin Sancho mit faulen Versprechungen geködert hat. Das Ganze stinkt zum Himmel!“

Für diese Handvoll Sätze brauchte Pancho eine gute Viertelstunde – spricht man in diesem Zusammenhang eigentlich von Mundfaulheit? Höhö! ... Huaaa! Gähnen ist ansteckend. Türülü und ich versprachen ihm zu helfen und machten uns zu Sanchos Baum auf. Unsere Strategie lautete „Mottenkugeln“ und müffelte nicht minder zum Firmament. Ich war froh, dass ich den kleinen Amselmann mitgenommen hatte, denn die Flora stellte mich vor schwerwiegende Probleme. Wer hat schon jemals ein Nilpferd einen Baum hochklettern sehen? Türülü flog indes in schwindelerregende Höhen und ließ auf Sancho eine angemessene Anzahl der Miefkugeln niedergehen. Während das Faultier schimpfte wie ein Rohrspatz, zeigte die Geruchsattacke erste Wirkung. Panchos Motten, die sich in ihrer neuen Unterkunft noch nicht häuslich eingerichtet hatten, stoben in Schwärmen auf und ließen sich von Türülü reuevoll zu ihrem alten Wohnsitz zurückbegleiten. Pancho war über die wiedergewonnenen Untermieter sehr glücklich und ratzte zufrieden ein.

Auch mich hatte unser Abenteuer etwas erschöpft, und so genoss ich die Heimkehr in mein gemütliches Gartenhäuschen, um ein bisschen zu faulenzen. Siesta! Türülü äußerte die Vermutung, dass es sich bei den Faultier-Algen nicht um Tarnzeug, sondern um Tranzeug handelte. Wer weiß. In der Ruhe liegt der Saft, oder so. Ich befand mich jedenfalls in vollem Pancho-Modus. Das Faultier war ein genügsamer Bursche von freundlichem Naturell und im Wachzustand sogar recht aufgeweckt. Es sprach also nichts dagegen, es ihm für ein, zwei Stündchen gleichzutun. Vor mich hindösend, kam mir eine Spielfilm-Melodie in den Sinn, die mir einfach nicht mehr aus dem Kopf wollte: „Motten umschwirr’n mich, wie … tralalalala ...“

MauMau lachte: „Als blauer Engel bist du unschlagbar!“

Motten umschwirren den schlafenden Bonolino


Weblinks: Wikipedia

Weblinks: Die Welt


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