Bonolino und die Buntmasern

Ich stand in meinem Garten und betrachtete zufrieden die zahlreichen Obstbäume und -sträucher, die darin aufs Prächtigste gediehen. Äpfel lachten mir mit roten Bäckchen entgegen. Zwetschgen, Brombeeren, Holunderbeeren leuchteten in unterschiedlichen Blau- und Lilatönen, Birnen und Quitten bildeten dazwischen gelbe Farbtupfer.

Ich würde jede Menge davon in Gläsern einkochen oder zu Marmelade verarbeiten, um sie haltbar zu machen. Der Winter konnte ruhig kommen. Doch zunächst musste ich die Früchte ernten. Ich fragte meine Freunde, die Katze MauMau, das Amselmännchen Türülü und das Eichhörnchen Knabber, ob sie mir beim Pflücken helfen würden.

„Klar!“, MauMau lachte. „Ich fauche das Obst so lange an, bis es vor lauter Schreck von den Ästen fällt!“

„Und ich könnte ihm drohen, Löcher hineinzupicken, damit es freiwillig in die Erntekörbe springt!“, krähte Türülü vergnügt.

„Ja, ja. Ist ja schon gut. Lacht ihr nur.“ Mir war gar nicht in den Sinn gekommen, dass die beiden sich nicht besonders gut als Erntehelfer eigneten. MauMau kam zwar ohne Weiteres einen Baum hinauf, der Weg zurück auf den Boden konnte jedoch etwas abenteuerlich ausfallen.

„Ich helfe dir, Bonolino!“, rief Knabber und sprang in den Zwetschgenbaum. Ich strahlte Knabber an.

„Später backe ich uns auch einen leckeren Apfelkuchen!“, versprach ich meinen Freunden.

Das flinke Eichhörnchen hatte schnell die Äpfel, Zwetschgen und Birnen geerntet, während ich die Brombeeren, Holunderbeeren und Quitten pflückte. Nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag tat mir dann der Rücken ordentlich weh. Trotzdem hielt ich mein Versprechen und backte den Apfelkuchen. Und noch einen Zwetschgenkuchen.

MauMau schnupperte kurz an den Kuchenblechen, dann meinte sie: „Das riecht sehr gut, Bonolino! Aber Katzen können so etwas nicht essen. Ich wünsche euch trotzdem einen guten Appetit!“

Ich schob ihr stattdessen eine Schale mit Katzenmilch hin, die sie genüsslich wegschlabberte. Türülü pickte an einem Apfelschnitz und begutachtete nebenbei zufrieden eine Zwetschge, die ich ihm aus dem Hefeteig gepult hatte. Gerade wollte ich mir ein Stück Obstkuchen mit Schlagsahne in den Mund schieben, als mir auffiel, dass das Eichhörnchen fehlte.

„Wo ist Knabber?“, fragte ich die beiden.

„Hat die Buntmasern“, antwortete Türülü grinsend.

„Buntmasern? Was soll das denn sein, und wann hat er sich die denn eingefangen? Vorhin war er doch noch putzmunter!“

„Verputzt hat er in der Tat so einiges“, sagte MauMau. Ich war aber zu aufgeregt, um ihr zuzuhören und lief nach draußen, um nach Knabber zu suchen.

„Knabber!“, rief ich. „Wo bist du?“ Nach einiger Zeit hörte ich ein leises Jammern. Knabber hatte sich in meine Schubkarre gelegt und hielt sich den Bauch. Sein rotbraunes Fell war mit blauen, lilanen und gelben Punkten bedeckt.

Türülü flatterte auf einen der beiden Schubkarrengriffe. „Ich sag doch: Buntmasern!“

„Juckt das?“, fragte ich Knabber voller Mitgefühl. Das Eichhörnchen stöhnte: „Ich hab‘ Bauchweh! Ich hab‘ ganz schlimmes Bauchweh!“

Eichhörnchen Knabber liegt jammernd mit Bauchschmerzen in einer Schubkarre, sein Fell ist bunt gesprenkelt

Ich eilte in mein Gartenhäuschen und kam mit einer Wärmflasche, einem Becher Kamillentee und einem Gesundheitslexikon wieder nach draußen. Knabber nahm den Tee dankbar entgegen und legte sich die Wärmflasche seufzend auf den Bauch.

„Das tut gut“, gab er mit leidender Stimme von sich.

Ich setzte mich auf einen umgedrehten Eimer neben ihn und blätterte durch den dicken Wälzer. Wo stand etwas über Masern? Ich suchte unter dem Buchstaben M und wurde fündig. Masern sind eine sehr ansteckende Krankheit, die mit einem Hautausschlag einhergeht. Ähnlich wie bei Röteln und Scharlach. Der Hautausschlag ist aber rot und nicht etwa blau, lila oder gelb. Und warum hatten MauMau, Türülü und ich uns nicht ebenfalls angesteckt? Ratlos blickte ich auf die bunten Sprenkel. Moment mal! Ich schaute mir Knabber nochmal genauer an. Das war gar kein Haut- oder Fellausschlag, sondern Flecken! Obstflecken!

MauMau grinste: „Knabber hat nicht nur geerntet, sondern auch gefuttert. Und zwar nicht zu knapp.“

„Aha! So ist das also. Du hast viel zu viele Zwetschgen, Äpfel und Birnen genascht. Kein Wunder, dass du Bauchweh hast!“

„Die waren aber sooo lecker!“, verteidigte sich Knabber winselnd.

„Mag ja sein, aber das nächste Mal darfst du nicht so viel auf einmal davon essen.“

„Das darf nur ich“, schmatzte eine Raupe, die ihren Kopf aus einem Loch in einem auf dem Boden liegenden Apfel streckte.

„Das wüsste ich aber.“ Empört beäugte ich die Raupe. „Wer bist du?“

„Ich bin ein Apfelwickler und entwickle mich bald zum Nachtfalter“, erklärte die Raupe. Ich glotzte das Beinahe-Insekt mit großen Augen an.

Eine Raupe streckt lachend ihren Kopf aus einem löchrigen Apfel

„Hö? Du wickelst Äpfel?“, fragte ich ungläubig. „Und wenn du groß bist, faltest du die Nacht?“

„Quatsch! Ich fresse einfach nur Löcher in die Äpfel.“

„Und wie kann ich dich davon abhalten?“

„Gar nicht. Aber jetzt bin ich satt und werde mich verpuppen. Bin schon spät dran. Tschüss!“

Nachdem die Raupe davongekrochen war, hob ich den Apfel hoch und betrachtete missmutig die zahlreichen dunklen Fraßlöcher.

„Und ich dachte, der Apfel hätte die Schwarzmasern“, murmelte Türülü.


Weblinks: Wikipedia


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Schutzimpfung gegen Masern und Co.

Gegen Bauchweh kann man sich leider nicht impfen lassen. Gegen Masern, Röteln, Windpocken und andere Infektionskrankheiten schon. Die Kosten für Standardimpfungen werden in der Regel direkt mit uns abgerechnet. Nähere Informationen finden sich hier.