Bonolino und das Monster unterm Bett
Ich lag in meinem Bett und konnte nicht schlafen. Es war Winter, und die nächtliche, verschneite Landschaft glitzerte im Licht des Vollmondes. Der fahlgesichtige Bursche blinzelte durch das Fenster in meine Schlafstube und zauberte unheimliche Schatten und Schemen hinein.
Überall sah ich geisterhafte Erscheinungen und furchterregende Ungeheuer! Meine Fantasie malte teuflische Hörner, fangzahnbewehrte Mäuler und gefährliche Krallen an die Wände meines Zimmers. Schlangenartige Körper und saugnapfbehaftete Tentakel wanden und kringelten sich oben an der Decke. Ich gruselte mich ganz fürchterlich! Plötzlich vernahm ich ein Geräusch. Was war das? Etwa dämonisches Gelächter? Ungetüme, die sich über mich lustig machten und nur darauf warteten, mich zu verschlingen? War da etwa ein Monster unter meinem Bett? Ich lauschte zaghaft in die Nacht. Da! Da war es wieder! Hick! Hick? Welche Bestie gab denn ein Hick von sich? Ich wollte meine Nachttischlampe anmachen, aber anscheinend war die Glühbirne kaputt. Denn als ich den Schalter betätigte, blieb die Lampe aus. Na toll! Kurz überlegte ich, ob ich nur einen Albtraum hatte, weil das eigentlich nur in solchen Träumen vorkommt: Lampen, die nicht angehen, oder Türen, die sich nicht verriegeln lassen. Dann wieder ein Hick! Irgendetwas unter meinem Bett stieß gegen den Lattenrost. Hick! Ein erneuter Stoß von unten ließ mich in meinem Bett in die Luft hüpfen. Hick! Hüpf! Hick! Hüpf! Hick! Hüpf! Jetzt reichte es mir aber! Meine Nachttischlampe funktionierte zwar nicht, aber dafür hatte ich ein Kuscheltier in Glühwürmchenform, das mit seinem leuchtenden Körper für wenigstens etwas Licht sorgte. Ich legte mich in meinem Bett auf den Bauch, den Kopf über den Seitenrand gebeugt, und hielt das Glühwürmchen unter das Bett. Zuerst konnte ich nichts erkennen, aber dann sah ich ein einzelnes, großes, leuchtendes Auge, das sich angstvoll zu weiten schien.
„Wer bist du, und was machst du unter meinem Bett?“, rief ich wagemutig, obwohl ich mich in Wirklichkeit fürchterlich grauste. Hick! Hüpf! Eine Weile blieb es still, und auch das Bett bewegte sich nicht mehr. Dann ertönte eine leise Stimme: „Bitte tu mir nichts!“
„Komm da raus, damit ich dich sehen kann!“ Unter meinem Bett schob sich eine formlose, blaue Masse mit lila Hörnern und Punkten hervor, die ein bisschen so aussah, wie ein riesiges, gut durchgekautes Kaugummi.

Das Monster blickte mich treuherzig an. „Du hast mich ganz schön erschreckt! Ich dachte, da sei ein blaues Monster direkt über mir im Bett!“
„Ich bin kein blaues Monster. Du bist das blaue Monster! Ich bin ein blaues Nilpferd!“ Meine Angst wich schierer Verblüffung.
„Doch! Du bist das Monster überm Bett! Meine Oma hat mir früher immer Gruselgeschichten davon erzählt.“
Monster hatten Omas, die statt Gute-Nacht-Geschichten ihren Monster-Enkelinnen und -Enkeln Dunkle-Nacht-Erzählungen vor dem Untersbettgehen vorlasen? Was es nicht alles gibt! Ich musste insgeheim schmunzeln.
„Vorhin bekam ich Schluckauf“, fuhr das blaue Monster fort. „Und das Monster überm Bett – also du – hüpfte auf meinem Kopf herum. Ich habe mich ganz fürchterlich geängstigt, das kann ich dir sagen! Und als du mir mit diesem gruseligen Untier ins Gesicht geleuchtet hast, ist der Schluckauf vor lauter Schreck weggegangen.“
Mein Kuscheltier war überhaupt nicht gruselig! Aber ich konnte seinen Standpunkt irgendwie verstehen.
„Wenn es Zeit zum Schlafen ist, legst du dich also unters Bett statt ins Bett?“, fragte ich das Monster. „Warum suchst du dir kein eigenes Bett? Ich meine, warum muss es ausgerechnet meines sein?“
„Sehe ich so aus, als könnte ich mir ein eigenes Bett kaufen?“
„Nicht wirklich, aber dafür doch bestimmt deine Eltern oder Oma.“
„Die sehen genauso aus wie ich. Einmal haben wir versucht, in einem Möbelhaus ein Bett für mich zu beschaffen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was da los war!", sagte das Monster.
„Lass mich raten. Alle sind vollkommen entsetzt und schreiend davongelaufen?“
„Schön wär’s. Die Kinder wollten mich und meine Familie als Spielzeug haben und liefen uns plärrend hinterher! Wir konnten uns gerade noch so durch einen Sprung ins Bällebad retten und haben uns dort bis zum Ladenschluss versteckt! Ich habe mich noch nie so gefürchtet!“ Das blaue Monster schüttelte sich und gähnte dann. „Und jetzt würde ich gerne schlafen.“
Das Monster ratzte sehr schnell ein. Jetzt hatte ich zwar keine Angst mehr, aber ich konnte trotzdem nicht einschlafen, weil es lautstark unter meinem Bett schnarchte. Hmmmpfff. Plötzlich ertönte ein gellender Schrei!
„Da ist ein Monster unterm Bett!“, rief das Monster.
„Ich weiß. DU!“, gab ich etwas genervt zur Antwort.
„Nein. Wirklich! Bitte mach das da weg!“ Erneut leuchtete ich mit meinem Glühwürmchen unters Bett. Eine kleine, schwarze Spinne kam unter dem Bett hervorgekrabbelt.
„Das ist nur Winnie“, lachte ich. „Die tut dir nichts.“

„Will sie trotzdem nicht unter meinem Bett haben!“ Das Monster war sichtlich aufgeregt.
Winnie kicherte. Dann hob sie das rechte Vorderbein, um sich mit mir abzuklatschen. „Ein mutiges Monster hast du da als Zimmergenossen, Bonolino. Ich setz‘ mich einfach auf die Fensterbank. Dann verscheuche ich für euch schüchterne Scheusale, verzagte Vampire oder bange Bestien.“
„Ich danke dir! Dann bist du also eine Superheldin?“, fragte das Monster erleichtert.
„Genau! Ich bin Spider-Woman!“
Gesundheitscoaching für Eltern
Nicht immer lässt sich das Monster unterm Bett so leicht entdämonisieren . Für Eltern mit Kindern, die z. B. Angst- oder Schlafstörungen zeigen, bieten wir im Rahmen des Programms „Starke Kids by BKK“ ein Gesundheitscoaching an. In einem ausführlichen Beratungsgespräch nimmt sich eine Kinder- und Jugendärztin oder ein Kinder- und Jugendarzt für Sie Zeit, um über Probleme und Beeinträchtigungen zu sprechen.
Weitere Informationen gibt es in unserem Familienportal Family Plus
Wenn ich mich nicht irre, ist das meine 60. Geschichte! Kaum zu glauben, was? Und aus diesem Anlass verlose ich fünf kuschelige, kleine Monster. Die fressen nichts lieber als die Sorgen von Kindern. Deshalb haben sie einen großen Reißverschluss als Mund, damit die Ängste da nicht mehr rauskommen. Und sie halten auch gerne Albträume fern.