Waren Sie in letzter Zeit einmal krank und konnten sich nicht in Ihre Arztpraxis schleppen? Dann haben Sie vielleicht am Telefon gesagt, dass Sie sich gerne telefonisch krankschreiben lassen wollen. Denn seit Dezember 2023 gilt – quasi als Erbe aus der Corona-Zeit – ein entsprechender dauerhafter Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Und dann die Überraschung: Die Praxis lehnt ab. Warum ist dies so?
Wir haben Ann Marini, Sprecherin der Pressestelle der Geschäftsstelle vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Änderung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie befragt und können nun mal genauer erklären, wie sich das verhält mit der telefonischen Krankschreibung und auch der Kinderkrankschreibung für Eltern.
Seit Dezember 2023 wurde der Beschluss zur Möglichkeit der telefonischen Krankmeldung zur dauerhaften Regelung. Welche Intention steht hinter diesem Beschluss?
Ann Marini: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz vom Gesetzgeber beauftragt, bis zum 31. Januar 2024 seine betreffende Richtlinie anzupassen, um telefonische Krankschreibungen dauerhaft zu ermöglichen. Vorausgegangen war eine ganze Reihe von Beschlüssen des G-BA während der Corona-Pandemie, mit der diese Form der Krankschreibung ermöglicht worden war. Damals war die Option der telefonischen Krankschreibung jedoch zeitlich befristet gewesen.
Für den angepassten dauerhaften Beschluss schränkte der Gesetzgeber von vorneherein jedoch ein: Eine telefonische Krankschreibung soll bei Erkrankungen greifen, die keine schwere Symptomatik vorweisen, und ausschließlich für jene Versicherte gelten, die in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannt sind.
Der Beschluss leitet also für Patientinnen und Patienten keinen Anspruch ab. Welche Gründe genau haben Ärzte und Ärztinnen, die telefonische Krankschreibung zu verweigern?
Ann Marini: Das stimmt, einen Anspruch auf eine telefonische Anamnese und das Feststellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung haben gesetzlich Versicherte nicht. Voraussetzung für die telefonische Krankschreibung ist, dass eine Videosprechstunde nicht möglich und die Patientin oder der Patient in der Arztpraxis bereits bekannt ist. Es darf keine schwere Symptomatik vorliegen, denn in diesem Fall müsste eine unmittelbare persönliche Untersuchung erfolgen, um die Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Die Einhaltung der medizinischen Sorgfalt steht immer an erster Stelle. Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt könnten also auf einen Besuch der Versicherten in der Arztpraxis bestehen, wenn aus medizinischer Sicht ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt notwendig erscheint oder Symptome nur in der Praxis durch eine persönliche Untersuchung abgeklärt werden können.
Für wie lange gilt maximal eine telefonische AU?
Ann Marini: Sind die genannten Voraussetzungen gegeben, kann die Ärztin oder der Arzt nach telefonischer Anamnese die Erstbescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit für bis zu fünf Kalendertage ausstellen. Besteht die telefonisch festgestellte Erkrankung fort, muss die Patientin oder der Patient für die Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit in die Arztpraxis kommen. Ist die erstmalige Krankschreibung bei einem Praxisbesuchs ausgestellt worden, kann eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit auch per Telefon festgestellt werden.
Was gilt bei Kinderkrankschreibungen für Eltern?
Ann Marini: Für die sogenannte Kinderkrankschreibung für Eltern gilt eine ähnliche Regelung: Kinderärzte können die Erkrankung eines Kindes seit Dezember 2023 auch nach telefonischem Kontakt mit den Eltern bescheinigen. Voraussetzung für eine telefonische Krankschreibung eines Kindes ist, dass der Ärztin oder dem Arzt das Kind bekannt ist und es sich nicht um eine Erkrankung mit schwerer Symptomatik handelt. Zudem darf das Kind noch nicht zwölf Jahre alt sein. Diese Altersgrenze gilt jedoch nicht bei Kindern mit Behinderung und Hilfebedarf. Eltern haben keinen Anspruch auf eine Kinderkrankschreibung per Telefon. Die Entscheidung, ob es medizinisch vertretbar ist oder eine unmittelbare Untersuchung erfolgen muss, treffen in jedem Fall der Arzt oder die Ärztin.